Wissenswertes zum Botanischen Garten des KIT

Viele kennen in Karlsruhe “den” Botanischen Garten am Karlsruher Schloss hinter dem Bundesverfassungsgericht, ist er doch das prominente Aushängeschild der Fächerstadt. Aber die wenigsten kennen seinen wissenschaftlichen Abkömmling: den Botanischen Garten des KIT, direkt am Adenauerring, schräg gegenüber vom Wildparkstadion.

Im Laufe seiner wechselvollen Geschichte, die mit der Karlsruher Stadtgründung beginnt, hatte der Botanische Garten des KIT einige sehr prominente Väter, die in der damaligen wissenschaftlichen und politischen Welt einen außerordentlichen Ruf, bis weit über die Landesgrenzen hinaus, besaßen.

 1715-1825: Botanische Gärten als Teil der Residenz Karlsruhe

Schon bald nach der Stadtgründung 1715 schuf man in Karlsruhe botanische Gartenanlagen, sowohl als Lust- und Schaugärten als auch als wissenschaftliche Lehr- und Versuchsgärten. Im Laufe der ersten hundert Jahre wurden die Gärten u.a. von drei bedeutenden Botanikern geleitet, die neben der “Belustigung” an schönen Pflanzen viel für die botanische Forschung und Lehre geleistet haben.

Christian Thran (1701-1778)

Den Botaniker Thran kennen die Karlsruher meist nur indirekt, nämlich als den Urheber des berühmten Kupferstichs der historischen Fächerstadt. Er beteiligte sich 1731-33 an einer zweijährigen Afrika-Expedition, von der er viele botanische Exponate mitbrachte. 1733 veröffentlichte er das erste Pflanzenverzeichnis des Schlossgartens mit 2000 Pflanzenarten.

Joseph Gottlieb Kölreuter (1733-1806)

Wegen seiner erfolgreichen Kreuzungsversuche an Pflanzen gewinnt der Mediziner und Botaniker Kölreuter 1759 einen von der Zarin Katharina I. ausgelobten Preis (er brachte den Beweis, dass Pflanzen eine Sexualität besitzen). Seine Forschungsergebnisse veröffentlichte er erstmals 1761 in einem Buch über “das Geschlecht der Pflanzen” (bis 1766 folgen noch drei weitere Bände). Markgraf Karl Friedrich holte ihn 1763 auf Betreiben von Markgräfin Karoline Luise nach Karlsruhe.

Leider klappte es nicht mit der Zusammenarbeit mit den Hofgärtnern, die offensichtlich wenig Verständnis für seine botanischen Experimente hatten. Deshalb legte er 1769 sein Amt als Gartendirektor nieder. Er blieb aber in Karlsruhe und forschte bis an sein Lebensende (mit Unterstützung durch den Hof und private Sponsoren) weiter. Im Botanischen Garten des KIT sind seine bahnbrechenden Versuche heute noch nachvollziehbar – bilden sie doch eine wichtige Grundlage für Gregor Mendels Vererbungsregeln, die dieser hundert Jahre später veröffentlichte.

Carl Christian Gmelin (1762-1837)

Nach dem Tod von Markgräfin Karoline Luise (1783) wird der Mediziner und Botaniker Gmelin mit der Betreuung ihres naturwissenschaftlichen Nachlasses beauftragt, aus dem er das Markgräfliche Naturalienkabinett (das heutige Naturkundemuseum) begründet. Als Direktor der Botanischen Gärten unternimmt bzw. organisiert er mehrere Forschungsreisen, um Pflanzen für den Botanischen Garten zu sammeln.

In den Jahren 1806 bis 1826 veröffentlicht er vier Bände der “Flora Badensis Alsatica”, in denen er auf über 3000 Seiten die gesamte Flora zwischen Bodensee und Mosel nach dem System von Carl von Linné beschreibt. Eine Herzensangelegenheit Gmelins ist die Sorge um eine gut funktionierende Volkswirtschaft, insbesondere der Landwirtschaft. Aus diesem Antrieb heraus veröffentlicht er 1809 ein Buch mit dem Titel “Über den Einfluß der Naturwissenschaft auf das gesamte Staatswohl”. Dieses Buch mit 434 Seiten kann man fast schon als erzieherischen Appel an die Politik verstehen, mehr auf die vorhandenen Erkenntnisse von Medizin und Naturwissenschaften, insbesondere der Botanik zu hören.

1825-1883: Das Polytechnikum nutzt die Botanischen Gärten der Residenz

Mit der Gründung des Polytechnikums (dem heutigen KIT) 1825 ging die Verantwortung für die wissenschaftlichen Lehr- und Versuchsgärten an die neue Institution über. D.h. die Pflege der Orangerien und Schaugärten mit den repräsentativen exotischen Pflanzen blieb unter der Obhut des Hofs, während die botanische Forschung und Lehre von den Wissenschaftlern und Lehrkräften des Polytechnikums wahrgenommen wurde.

Leopold Just (1841-1891)

Nach seiner Promotion in Botanik in Breslau wechselt er 1870 zum Polytechnikum Karlsruhe und konzentriert sich schon bald auf die Einrichtung einer Landwirtschaftlichen Samenprüfungsanstalt. Es ging ihm hierbei um den Schutz der Landwirte vor schlechter Samenqualität aufgrund betrügerischer Manipulationen beim Samenhandel.

Nach seiner Promotion in Botanik in Breslau wechselt er 1870 zum Polytechnikum Karlsruhe und konzentriert sich schon bald auf die Einrichtung einer Landwirtschaftlichen Samenprüfungsanstalt. Es ging ihm hierbei um den Schutz der Landwirte vor schlechter Samenqualität aufgrund betrügerischer Manipulationen beim Samenhandel. In seiner Funktion als Direktor des Botanischen Instituts setzte er sich vehement beim Großherzog dafür ein, dass das Polytechnikum seinen eigenen Garten erhält, da es mit der Nutzung der Schaugärten für Lehr- und Forschungszwecke in all den Jahren immer wieder große Konflikte gab. Mit einem persönlichen, leidenschaftlichen Bittbrief 1879 an Großherzog Ludwig bekam er schließlich von diesem die Zusage, auf dem Gelände des höfischen Küchengartens am Durlacher Tor einen wissenschaftlichen Botanischen Garten aufzubauen.

1883: Die Technische Hochschule (heute KIT) erhält einen eigenen Botanischen Garten

Im Jahr 1883 konnten die Botaniker des Polytechnikums (ab 1885 Technische Hochschule) zwischen Kaiserstraße und Durlacher Allee, an der Stelle des heutigen Durlacher-Tor-Platzes offiziell einen eigenen Botanischen Garten in Betrieb nehmen. Das Gelände ist gegliedert in einen systematischen Teil, ein Arzneipflanzenquartier sowie drei Gewächshäuser verschiedener Größe. Im Gartengebäude im Zentrum des Botanischen Gartens befinden sich u.a. die Landwirtschaftlich-Botanische Versuchsanstalt und die Lebensmittelprüfung. Am südwestlichen Rand des Gartens (heute Kaiserstr. 2) wird im Jahr 1899 das Hauptgebäude des Botanischen Instituts eingeweiht.

Der Botanische Garten am Durlacher Tor muss sowohl im Ersten als auch im Zweiten Weltkrieg viele Zerstörungen verkraften. Nur dank des aufopferungsvollen Engagements der Botaniker konnte er jeweils am Leben bleiben.

Ludwig Klein (1857-1928)

1892 kommt Klein als Professor der Botanik von Freiburg nach Karlsruhe, wo er die Nachfolge von Leopold Just übernimmt. Ein sehr wichtiger Arbeits-Schwerpunkte für ihn ist die Forstbotanik. Aber seine große Leidenschaft ist die Autorenschaft für zahlreiche, populäre Botanik-Taschenbücher über Nutzpflanzen, Waldbäume, Unkräuter, Wiesenpflanzen, Ziersträucher, Gartenblumen, usw., die bis in die 1950er Jahre verlegt werden.

2019: Wie stellt sich der Botanische Garten des KIT heute dar?

Seit dem Jahr 1956 befindet sich der Botanische Garten des KIT am heutigen Standort (er musste „umziehen“, weil der Durlacher-Tor-Platz zum großen Verkehrsknotenpunkt erweitert wurde). Er dient heute als ein besonderes Bindeglied zwischen „Mensch“, „Natur“ und „Wissenschaft“.

Gewächshäuser im Botanischen Garten des KIT

Ohne den eigenen Botanischen Garten wären Forschung und Lehre am Botanischen Institut des KIT nicht denkbar.

In der Forschung sind Modellpflanzen notwendig, um Entwicklung, Wachstum und Stoffwechsel auf molekularer Ebene zu analysieren und auf der Basis dieses Wissens nutzbringende Anwendungen zu entwickeln. Aktuelle Forschungsschwerpunkte betreffen die Genom-Editierung, Stressphysiologie, Zellbiologie sowie die Erhaltung von Biodiversität.

Besonders für den Bereich Biodiversität sind nicht nur die Gewächshausanlagen für transgene Pflanzen wichtig, sondern auch der Bestand eines möglichst großen Artenspektrums in den anderen Gewächshäusern und auf dem Freigelände.

Freigelände im Botanischen Garten des KIT

Außerdem spielt die fachspezifische Kommunikation und der systematische Austausch von Pflanzenkulturen mit anderen Botanischen Gärten im In- und Ausland eine immer größer werdende Rolle, z.B. über den Verband Botanischer Gärten e.V. (www.verband-botanischer-gaerten.de).

Neben der Möglichkeit, den Garten für studentische Forschungsprojekte zu nutzen, erfüllt er eine Vielzahl weiterer Zwecke in der Lehre: er liefert nicht nur das Pflanzenmaterial für Praktika, sondern wird auch für Exkursionen und den Vergleich von Pflanzenformen genutzt. Dies betrifft vor allem die Bachelor- und Master-Studiengänge der Biologie und der Lebensmittelchemie im Bereich I des KIT. Von großer Bedeutung sind hierbei die vom Botanischen Garten für Abschlussarbeiten zur Verfügung gestellten Referenzpflanzen.

In der „Grünen Schule“ entwickeln Lehramtsstudierende pädagogische Angebote für Schulen aus dem Raum Karlsruhe und setzen diese in Zusammenarbeit mit diesen in die Praxis um. Dieses Angebot fördert zum einen die didaktische Ausbildung von zukünftigen Lehrern, zum anderen ermöglicht es Schülerinnen und Schülern, botanische Besonderheiten und ökologische Zusammenhänge zu erfahren und zu begreifen.

Was den Artenschutz betrifft, so wirkt der Botanische Garten des KIT schon seit vielen Jahren als „Arche Noah“ für bedrohte Pflanzenarten. Seine Sammlung der fast ausgestorbenen Europäischen Wildrebe ist sogar Teil des Nationalen Plans für pflanzengenetische Ressourcen und auch international anerkannt. An diesem Beispiel wird sichtbar, dass Schützen und Nutzen keine Gegensätze sind – wurden doch in diesen Reben spannende Immunitätsfaktoren gefunden, die nun züchterisch für den nachhaltigen Weinbau genutzt werden können. Die Forschung an Reben hat in Karlsruhe übrigens auch bereits außeruniversitäre Tradition: Adolph von Blankenhorn betrieb hier ein privates Weinforschungsinstitut und wurde von dem badischen Revolutionär Friedrich Hecker, der auch ein sehr guter Botaniker war, überzeugt, die Resistenzzüchtung mit Hilfe amerikanischer Reben zu begründen.

Neben seiner Funktion als „Werkzeug“ zur Arterhaltung dient der Botanische Garten des KIT auch als „Galerie“ vieler, interessanter Pflanzen, z.B.:

Mammutbaum im Botanischer Garten des KIT

   – Auf dem Freigelände steht ein ca. 25 Meter hoher Mammutbaum.

   – Eines der Gewächshäuser beherbergt das lebende Fossil Wollemie (Wollemia nobilis), das vor wenigen Jahren im australischen Regenwald entdeckt wurde. Die Pflanze ist mit den Dinosauriern ausgestorben, nur dieser Klon hat überlebt und wird in einer weltweiten Anstrengung mit Ablegern vor dem Aussterben bewahrt.

   – Ein Zuschauermagnet ist der riesige Baum der Reisenden (Ravenala madagascariensis), der im großen Tropengewächshaus (Höhe 14 Meter) bereits die volle Höhe erreicht hat.

   – Für die Evolutionsbiologie ist der Gnetum-Baum (Gnetum gnemon) sehr interessant, der als missing link zwischen Nackt- und Bedecktsamern gilt. Immer wieder kommen Forscher von anderen Universitäten, um DNS zu entnehmen.

Zu den vielfältigen Funktionen, die Botanische Gärten während ihrer Geschichte mehr oder weniger gut ausgefüllt haben, tritt nun eine neue hinzu: Sie dienen als Orte, an denen Forschung und Öffentlichkeit miteinander in Dialog treten können.

Obwohl Wissenschaft Teil der Gesellschaft ist, driften Wissenschaft und Öffentlichkeit immer weiter auseinander. Häufig werden neue Dinge abgelehnt, weil das nötige Wissen bzw. Verständnis dafür fehlt. Ein Land wie Deutschland, dessen wirtschaftliche und gesellschaftliche Erfolge so sehr von Bildung und Erfindergeist abhängen, kann sich solche Defizite nicht leisten.

Deshalb gibt es auf dem Gelände des Botanischen Gartens des KIT für die interessierte Öffentlichkeit seit 2004 regelmäßig Veranstaltungen, die seit 2017 auch vom Verein der Freunde und Förderer des Botanischen Gartens des KIT tatkräftig unterstützt werden. Unter anderem gibt es etwa monatlich eine Führung oder einen Fachvortrag mit dem Ziel, die jeweiligen Teilnehmer differenziert und durchaus auch kritisch an die aktuellen Fragen der botanischen Forschung heranzuführen.

Die Zukunftspläne finden Sie im Lagebericht zum Botanischen Garten des KIT.

Autoren: Josef Franz, Dr. Michael Riemann, Prof. Dr. Peter Nick

Lagebericht zum Bot. Garten des KIT

Karlsruhe ist in der glücklichen Lage, über zwei repräsentative Botanische Gärten zu verfügen, die sich in ihren Funktionen gegenseitig ergänzen und unterstützen. Während der „Botanische Garten Karlsruhe“ am Schloss (unter der Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg) als sogenannter Lustgarten vor allem der Erholung und dem ästhetischen Vergnügen der Bevölkerung dient, konzentriert sich der „Botanische Garten des KIT“ auf die Kernaufgaben Forschung, Lehre und Artenschutz.

Die botanische Gartentradition in Karlsruhe beginnt mit der Stadtgründung 1715, wobei die großzügigen Gartenanlagen im Bereich des Schlosses unter der Leitung namhafter Botaniker schon bald auch intensiv für Forschungs- und Lehraufgaben genutzt wurden – z.B. führte Joseph Gottlieb Kölreuter in Diensten des Markgrafen von Baden bereits im 18. Jahrhundert in den Gartenanlagen am Schloss seine bahnbrechenden Versuche zur Vererbungslehre an Tabakpflanzen durch. Mit der Gründung des Polytechnikums im Jahr 1825 (ab 1885 Technische Hochschule, ab 1968 Universität (TH), ab 2009 KIT) ging die Verantwortung für die Botanische Forschung und Lehre an die neue Institution über. Nach jahrzehntelangen Kompetenzstreitigkeiten zwischen den „Schaugärtnern“ und den „Forschungsgärtnern“ erhielt das Polytechnikum im Jahr 1883 einen eigenen Botanischen Garten, und zwar aufgrund eines Bittbriefes des Botanikers Prof. Just an Großherzog Ludwig, der daraufhin einen Teil des Höfischen Küchengartens in unmittelbarer Nähe des Polytechnikums der botanischen Forschung zur Verfügung stellte. An seinem ersten Standort, am Durlacher Tor Platz, überdauerte der wissenschaftliche Botanische Garten mit schweren Blessuren beide Weltkriege.

In den 1950er Jahren wurde das Gartengelände für Institutsneubauten und neue Straßenführungen vollständig verplant. 1956 bis 1958 entstand daraufhin der neue, wissenschaftliche Botanische Garten an seinem heutigen Standort: Botanischer Garten des KIT mit großem Palmenhaus, Wasserpflanzen im Freigelände,

Freigelände „Am Fasanengarten 2“, Karlsruhe (Oststadt) mit Gewächshäusern im Hintergrund

Neben einem Freigelände besteht der Botanische Garten des KIT aus mehreren Gewächshäusern mit einer maximalen Höhe von 14 Metern, die in 3 Bauphasen (1958, 1978 und 2000) errichtet wurden. Diese werden schwerpunktmäßig für Forschungsprojekte eingesetzt, wobei zwei der Gewächshäuser der Öffentlichkeit zugänglich sind. Abgesehen von den vielfältigen und stets sich verändernden Aufgaben in Forschung und Lehre, dient der Botanische Garten des KIT auch den besonders wichtigen Aufgabenstellungen rund um die Erhaltung bedrohter Pflanzenarten.

Der Botanische Garten des KIT für Forschung, Lehre und Artenschutz

Ohne den eigenen Botanischen Garten wären Forschung und Lehre am Botanischen Institut des KIT nicht denkbar. In der Forschung sind Modellpflanzen notwendig, um Entwicklung, Wachstum und Stoffwechsel auf molekularer Ebene zu analysieren und auf der Basis dieses Wissens nutzbringende Anwendungen zu entwickeln. Aktuelle Forschungsschwerpunkte betreffen die Genom-Editierung, Stressphysiologie, Zellbiologie sowie die Erhaltung von Biodiversität. Besonders für den Bereich Biodiversität sind nicht nur die Gewächshausanlagen für transgene Pflanzen wichtig, sondern auch der Bestand eines möglichst großen Artenspektrums in den anderen Gewächshäusern und auf dem Freigelände. Außerdem spielt die fachspezifische Kommunikation und der systematische Austausch von Pflanzenkulturen mit anderen Botanischen Gärten im In- und Ausland eine immer größer werdende Rolle, z.B. über den Verband Botanischer Gärten e.V. (www.verband-botanischer-gaerten.de).

Neben der Möglichkeit, den Garten für studentische Forschungsprojekte zu nutzen, erfüllt er eine Vielzahl weiterer Zwecke in der Lehre: er liefert nicht nur das Pflanzenmaterial für Praktika, sondern wird auch für Exkursionen und den Vergleich von Pflanzenformen genutzt. Dies betrifft vor allem die Bachelor- und Master-Studiengänge der Biologie und der Lebensmittelchemie im Bereich I des KIT. Von großer Bedeutung sind hierbei die vom Botanischen Garten für Abschlussarbeiten zur Verfügung gestellten Referenzpflanzen. In der „Grünen Schule“ entwickeln Lehramtsstudierende pädagogische Angebote für Schulen aus dem Raum Karlsruhe und setzen diese in Zusammenarbeit mit diesen in die Praxis um. Dieses Angebot fördert zum einen die didaktische Ausbildung von zukünftigen Lehrern, zum anderen ermöglicht es Schülerinnen und Schülern, botanische Besonderheiten und ökologische Zusammenhänge zu erfahren und zu begreifen. Was den Artenschutz betrifft, so wirkt der Botanische Garten des KIT schon seit vielen Jahren als „Arche Noah“ für bedrohte Pflanzenarten. Seine Sammlung der fast ausgestorbenen Europäischen Wildrebe ist sogar Teil des Nationalen Plans für Pflanzengenetische Ressourcen und auch international anerkannt. An diesem Beispiel wird sichtbar, dass Schützen und Nutzen keine Gegensätze sind – wurden doch in diesen Reben spannende Immunitätsfaktoren gefunden, die nun züchterisch für den nachhaltigen Weinbau genutzt werden können. Die Forschung an Reben hat in Karlsruhe übrigens auch bereits außeruniversitäre Tradition: Adolph von Blankenhorn betrieb hier ein privates Weinforschungsinstitut und wurde von dem badischen Revolutionär Friedrich Hecker, der auch ein sehr guter Botaniker war, überzeugt, die Resistenzzüchtung mit Hilfe amerikanischer Reben zu begründen.

Neben seiner Funktion als „Werkzeug“ zur Arterhaltung dient der Botanische Garten des KIT auch als „Galerie“ vieler, interessanter Pflanzen, z.B.:
– Auf dem Freigelände steht ein ca. 25 Meter hoher Mammutbaum.
– Eines der Gewächshäuser beherbergt das lebende Fossil Wollemie (Wollemia nobilis), das aus dem Botanischen Garten Sydneys nach Karlsruhe kam und hier eines seiner weltweiten Refugien gefunden hat.
– Ein Zuschauermagnet ist der riesige Baum der Reisenden (Ravenala madagascariensis), der im großen Tropengewächshaus (Höhe 14 Meter) bereits die volle Höhe erreicht hat.
– Aus didaktischen Gründen ist der Gnetum-Baum (Gnetum gnemon) sehr interessant, der als missing link zwischen Nackt- und Bedecktsamern gilt.

Zukunftspläne für den Botanischen Garten des KIT

Zu den vielfältigen Funktionen, die Botanische Gärten während ihrer Geschichte mehr oder weniger gut ausgefüllt haben, tritt nun eine neue hinzu: Sie dienen als Orte, an denen Forschung und Öffentlichkeit miteinander in Dialog treten können. Obwohl Wissenschaft Teil der Gesellschaft ist, driften Wissenschaft und Öffentlichkeit immer weiter auseinander. Häufig werden neue Dinge abgelehnt, weil das nötige Wissen bzw. Verständnis dafür fehlt. Ein Land wie Deutschland, dessen wirtschaftliche und gesellschaftliche Erfolge so sehr von Bildung und Erfindergeist abhängen, kann sich solche Defizite nicht leisten. Deshalb gibt es auf dem Gelände des Botanischen Gartens des KIT für die interessierte Öffentlichkeit seit 2004 regelmäßig Veranstaltungen, die seit 2017 auch vom Verein der Freunde und Förderer des Botanischen Gartens des KIT tatkräftig unterstützt werden. Unter anderem gibt es etwa monatlich eine Führung oder einen Fachvortrag mit dem Ziel, die jeweiligen Teilnehmer differenziert und durchaus auch kritisch an die aktuellen Fragen der botanischen Forschung heranzuführen. Was den baulichen Zustand der Gewächshäuser betrifft, so ist zu konstatieren, dass diese zum Teil 60 Jahre alt und sanierungsbedürftig sind und auch hinsichtlich Energie-Effizienz deutliche Mängel aufweisen. Die zuständige Landesbehörde (Vermögen und Bau Baden-Württemberg) kam zum Schluss, dass eine Sanierung des Bestands nicht wirtschaftlich sei. Daher plant das KIT nun eine Verlagerung des Botanischen Gartens vom Campus am Adenauerring in die weiter östlich gelegene Kornblumenstraße. Das dort bestehende alte Gebäude des Zoologischen Instituts soll durch einen für die botanische Forschung geeigneteren Neubau ersetzt werden. Die Planungen sind bereits im Gange, die Umsetzung könnte schon 2023 beginnen. Abgesehen davon, dass sich mit dem „Umzug“ in die Kornblumenstraße die Distanz zwischen dem Botanik-Institut und dem Botanischen Garten etwa verdoppelt, bringt diese Verlegung für die Botaniker am KIT sowohl Vor- als auch Nachteile, die im Folgenden beschrieben sind: Die neuen, geplanten Gewächshäuser, die in etwa die gleichen Flächen und Aufteilungen bieten sollen wie die Häuser am alten Standort, werden in Licht- und Energietechnik auf dem neuesten Stand sein, ebenso die modern ausgestatteten Labors. Dazu kommen Möglichkeiten, die am bisherigen Standort fehlen, etwa ein Seminarraum, der auch für öffentliche Vorträge genutzt werden kann, ein richtiges Herbar sowie Infrastruktur für die Wildpflanzen-Genbank (siehe Entwurf der neuen Gewächshäuser) .

Gegenüber dem bisherigen Garten-Standort wird sich allerdings die Fläche des Freigeländes drastisch reduzieren. Schon jetzt sind große Teile des Außengeländes am zukünftigen Standort durch die Wildreben-Sammlung belegt. Da diese Sammlung auch international immer mehr nachgefragt wird und daher weiter anwächst, ist mittelfristig bereits für diese Sammlung alleine schon mit Engpässen zu rechnen. Neben den grundsätzlichen Bedenken, dass für eine Übersiedlung des Pflanzenbestandes vom alten Freigelände an den neuen Standort kein ausreichendes Platzangebot vorhanden ist, ist zusätzlich noch zu berücksichtigen, dass ein Umzug von mehrjährigen Pflanzen aus dem alten zum neuen Standort wenig praktikabel ist, da neugepflanzte Stecklinge Zeit brauchen, um zu ihrer eigentlichen Größe heranzuwachsen. Selbstverständlich wird das Botanische Institut seine Bemühungen zur Öffentlichkeitsarbeit am neuen Garten-Standort in gewohnter Weise fortsetzen, auch wenn dieser gegenüber dem KIT Campus Süd deutlich im Abseits liegt. Um auch zukünftig das Interesse trotz geringerer Attraktivität des Gartens auf dem jetzigen Niveau zu halten, werden wesentlich stärkere Anstrengungen in der Öffentlichkeitsarbeit nötig sein. Was mit dem bisherigen Standort geschehen soll, ist zur Zeit noch offen. Die ursprünglich vorgesehene Bebauung durch die Tschira-Stiftung wurde stark reduziert und tangiert das bisherige Gartengelände erst einmal nicht. Solange es seitens des KIT keine neuen Pläne gibt, werden die alten Gartenflächen und Gewächshäuser auch nach dem Einzug in die Kornblumenstraße erst einmal fortbestehen. Das Botanische Institut wird im Rahmen des personell Möglichen diesen Bestand weiter sichern und auch nutzen. Freilich agiert die Gartenbelegschaft schon jetzt an der Grenze der Belastbarkeit. Der Botanische Garten des KIT wird von vielen als ein wichtiges ökologisches Aushängeschild des KIT angesehen. Seine Zukunft hängt nicht nur von der fälligen Sanierung der Gebäude und dem Grad der weiteren Nutzung des jetzigen Freigeländes ab, sondern auch von der Beantwortung der Frage, wie die mit dem Botanischen Garten verbundene Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit künftig finanziert werden soll.